Häufig entstehen überflüssige Kilos dadurch, dass wir in Situationen essen oder trinken, in denen wir gar nicht hungrig oder durstig sind, oder weiter essen, obwohl wir schon satt sind. Wir essen z.B., weil  gerade Mittagszeit oder Jausenzeit ist, manche knabbern gerne vor dem Fernseher, andere essen, weil ihnen langweilig ist, weil sie sich gerade geärgert haben oder sich entspannen möchten. Oder wir greifen zu, weil wir eingeladen wurden und es uns unhöflich erscheinen würde, abzulehnen. Wir trinken ein Gläschen, um mit anderen anzustoßen usw.

Tipp 1: Machen Sie sich eine Liste von den Situationen, die Sie immer wieder zum Essen oder Trinken veranlassen und überlegen Sie sich, ob Sie in den  letzten dieser Situationen wirklich körperlich hungrig waren.

Diese Frage ist möglicherweise gar nicht so leicht zu beantworten, da wir körperlichen Hunger kaum noch zu spüren bekommen. Es ist fast ständig Nahrung vorhanden und wir nehmen sie in regelmäßigen Abständen zu uns, noch bevor unser Körper danach verlangt.

Wie fühlt sich Hunger an? Die körperlichen Empfindungen sind von Person zu Person unterschiedlich.  Bei manchen zeigt er sich als Gefühl der Leere im Bauch, bei anderen als Grummeln oder als Spannung, bei einigen als mulmiges Gefühl, schlechte Laune oder auch als Kopfweh und Müdigkeit, sowie leichtem Frieren. Eine Übung zur Selbstwahrnehmung gibt es auch hier.

Tipp 2: Zögern Sie die nächste Mahlzeit hinaus und achten Sie  auf die Signale Ihres Körpers, die dabei auftreten.

Wenn Sie keinen körperlichen Hunger aber trotzdem Verlangen nach Essen verspüren, bezeichne ich das als „Seelenhunger“. Im Unterschied zum Körperhunger, der für Energiezufuhr sorgt und uns stark und gesund macht, macht uns der Seelenhunger dick. Es geht dabei um die Befriedigung eines anderen Bedürfnisses mittels Nahrung. Möglicherweise brauchen wir Beruhigung, Entspannung oder Trost, oder wir haben den Wunsch nach Erfüllung, den wir mit Essen oder Trinken zu befriedigen versuchen. Das körperliche Völlegefühl hilft uns kurzfristig, unangenehme Gefühle nicht wahrzunehmen. Das kann Enttäuschung, Traurigkeit, Ärger, Anspannung, Leere oder ein anderes unerwünschtes Gefühl sein. Welche Gefühle stecken hinter Ihrem seelischen Hunger?

Tipp 3: Ein erster Schritt, um sein Essverhalten zu ändern, ist daher, unangenehme Gefühle zu akzeptieren.

Sehen Sie sie als Botschaften, die Ihnen etwas Wichtiges verdeutlichen wollen. Angst z.B. will Sie auf etwas in der Zukunft hinweisen, wofür Sie sich besser vorbereiten müssen. Überforderung signalisiert, dass Sie die Aufgaben, die Sie sich vorgenommen haben, neu bewerten und Prioritäten setzen müssen. Einsamkeit weist Sie darauf hin, dass Sie sich um Ihr soziales Leben kümmern sollten. Unangenehme Gefühle sind wertvoll, wenn sie richtig verstanden werden. Bevor Sie das nächste Mal in die Naschlade greifen, fragen Sie sich: Was fühle ich gerade und was will mir dieses Gefühl sagen?

Tipp 4: Listen Sie genussvolle Erfahrungen auf.

Zählen Sie alle Tätigkeiten auf, die Ihnen gut tun: Baden, Spazierengehen, mit Ihrem Kind etwas spielen, eine Geschichte vorlesen, die Ihnen gut tut, singen, eine Freundin anrufen, sich selbst auf eine Schaukel auf dem Spielplatz setzen, einer interessanten Sache nachgehen und nachforschen, ins Kino gehen, und vieles andere mehr. Hängen Sie die Liste in Reichweite auf, damit Sie bei Bedarf darauf zugreifen können.

Viele Bedürfnisse lassen sich aber nicht ad hoc erfüllen, sie  brauchen Aktivität und Planung im Vorfeld, wie z.B. Termine ausmachen, mit Leuten verabreden, Karten reservieren. Warten Sie also nicht, bis Sie sich wirklich elend fühlen, sondern handeln Sie vorbeugend.

Üben Sie die neue Strategie innerlich ein, indem Sie in der Vorstellung immer wieder durchgehen, was Sie das nächste Mal machen, wenn Sie den Drang verspüren zu essen, ohne dass Sie körperlich hungrig sind oder weiter essen, obwohl Sie satt sind. Auf diese Weise gewinnen Sie Entscheidungsfreiheit. Sie werden nicht mehr mit einem automatischen Essverhalten reagieren, sondern werden dann essen, wenn es Ihnen nützt und dann aufhören, wenn Ihr Körper ausreichend Nährstoffe aufgenommen hat.

Erstmals erschienen in: Kilocoach - abnehmen ist lernbar, R. Aspalter, E. Schlitter (Hg) Springer Verlag 2006

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Mag. Martina Weissenböck

Psychotherapeutin, Klin. Psychologin
Supervisorin, Coach
Zertifizierte Lebensberaterin

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